Stellungnahme zur Stellplatzsatzung Dühren

Anja Fürstenberger, 16.4.2024

In der Gemeinderatssitzung am 16. April 2024 stand eine neue Stellplatzsatzung für den Ortsteil Dühren zur Entscheidung an. Ziel dieser Stellplatzsatzung ist es, die Anzahl baurechtlich notwendiger Kfz-Stellplätze für Wohnungen im Ortskern von Dühren von einem auf zwei Stellplätze zu erhöhen. Zum einen ist der betroffene Bereich, in dem das gelten soll, sehr weitreichend (siehe Link), zum anderen soll dies für Wohnung ab einer Größe von über 50 qm gelten – also auch für recht kleine Wohnungen.

Wir Grünen sind hier definitiv dagegen und haben auch so abgestimmt. Nachfolgend finden Sie unsere Stellungnahme aus der Gemeinderatssitzung:

Was ist das Problem?
Wir haben aktuell mit PKWs zugestellte Straßen, wir haben dadurch Sichtbehinderung beim Überqueren – gerade für Kinder ist das kritisch – wir haben weniger Sicherheit für Radfahrende. Wir haben das illegale Parken auf Gehwegen, in Knotenpunkten oder sogar beidseitig an zu engen Straßen  – ganz kritisch für Rettungsfahrzeuge und Müllautos usw.

Sie haben die ganzen Probleme wunderbar in Ihrer Vorlage beschrieben.

Jetzt suchen wir Abhilfe und irgendwas mit Lenkungswirkung  – das ist absolut sinnvoll und richtig. Aber führt eine Stellplatzsatzung tatsächlich zur Lösung des Problems?

Man muss vielleicht in die Tiefgarage runterfahren, ein Tor öffnen, hintereinander parken, die Garage wird gerade für was anderes gebraucht… und und und. Solange es bequemer, schneller und dazu noch kostenlos ist, alles Mögliche an Fahrzeugen direkt an der Straße zu parken, werden zu viele Menschen das machen.

Bei der letzten Verabschiedung von Stellplatzsatzungen hier im Rat hat sogar Herr Zoller von Rohrbach berichtet, dass sie jährlich als Überprüfung durch den Ort fahren und das Ergebnis nicht positiv ist.

Außerdem scheren Sie alle über einen Kamm. Sie unterscheiden nicht zwischen Luxuswohnungen und sozialem Wohnungsbau. Alle Wohnungen ab 51 qm brauchen 2 Stellplätze, egal wer da wohnt. Können Sie sich vorstellen, dass es Menschen gibt, die sich überhaupt kein Auto leisten können und die auch irgendwo Wohnungen mieten müssen? Sollen diese Menschen dann teure Stellplätze mit-mieten?

Sie unterscheiden auch nicht innerhalb der Ortsteile, ob es eine gute ÖPNV-Anbindung oder einen akzeptablen Radweg ins Zentrum gibt.  Es sind gerade mal 3 km – ohne Steigung – gut ausgebaut. Die Busverbindung ist exzellent. Sogar am Wochenende und bis nachts. D.h. Sie ziehen noch nicht mal in Erwägung, dass man als Familie mit nur einem oder sogar keinem Auto leben könnte. Das traurige ist, dass wir damit Menschen bestrafen, die versuchen, mit wenig oder keinem Auto auszukommen. Das ist einfach nicht mehr zeitgemäß und das Gegenteil von Lenkungswirkung im Sinne von einer zukunftsgerichteten Mobilitätswende.

Und jetzt zu Kosten und Fläche: Das reicht pro Parkplatz von 5.000 Euro für eine ganz einfache Schotterfläche bis hin zu 25.000 Euro für einen TG-Platz. Pro ebenerdigem Stellplatz werden weitere 13-15 qm Fläche verbraucht, mit Zufahrt noch mehr. D.h. man hätte für eine 51 qm große Wohnung nochmal 30 qm Stellfläche verbraucht! Und dann wohnt da am Ende vielleicht ein älteres Ehepaar, die beide nicht mehr Auto fahren.

Mit dieser Stellplatzsatzung schaffen wir als Stadt völlige Fehlanreize und treiben die Kosten für dringend benötigten neuen Wohnraum unnötig in die Höhe. Und zwar nicht nur für die, die bauen, sondern auch für spätere Mieterinnen und Mieter.

Das schlimmste ist: Wir haben keinerlei Gewährleistung und auch keinerlei Handhabe, dass die Straßen dadurch wirklich leerer werden. Es bleibt ein frommer Wunsch, dass es was bringt und ein sehr teurer dazu… sowohl Geld-mäßig als auch Platz-mäßig. Nutzen und Kosten (auch bezgl. Ressourcenverbrauch) stehen einfach in keinem vernünftigen Verhältnis.

Ich weiß, wir sind noch nicht so weit – auch als Gesellschaft nicht – und als Sinsheim schon mal gar nicht. Aber wir können es uns eigentlich nicht  mehr leisten, kostbare Flächen so zu verplanen und zu versiegeln.
Aber wir können es uns perspektivisch auch nicht mehr leisten, kostbaren öffentlichen Raum herzuschenken zum Abstellen von Fahrzeugen jeglicher Art. Deshalb würden wir dafür plädieren, es erstmal so zu belassen und bei höher werdendem Parkdruck über eine Parkraumbewirtschaftung nachzudenken. Wir brauchen ein Umdenken, so weh das tut.

Wir werden also gegen die Stellplatzsatzung stimmen.

Anja Fürstenberger

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