Pressemitteilung vom 19.09.2023, Bündnis90/Die Grünen, Sinsheim
(aw) Unentschlossene, Befürwortende und Ablehnende der Windenergie trafen sich am Freitagnachmittag bei bestem Wetter zu Diskussionen am „Wächter“ in der Sinsheimer Innenstadt.
„Faktencheck Windkraft“ hieß das Motto, unter dem die Grünen zu ihrem zweiten „Bürgertalk Sinse“ eingeladen hatten, dazu passend hatten sie eine kleine Ausstellung aufgebaut. Dort fand man einen Preisvergleich zwischen Atomstrom (ca.34 Cent) zu Windstrom (ca.9 Cent) ebenso, wie Überlegungen zum Sonnenstrom. Dieser sei auch wichtig, so erfuhr man, reiche aber bei weitem nicht aus, um unseren Energiebedarf zu decken. Ein großes Thema war auch der Artenschutz: wie können wir Windenergie nutzen und trotzdem Fledermäusen und Vögeln möglichst wenig schaden, lautete die Frage. Hier wurde auf die moderne Technik bei den neuen Anlagen verwiesen, beispielsweise die Abschaltautomatik per Annäherungsradar. Bei aller Wichtigkeit des Schutzes sollten auch die Relationen im Auge behalten werden, findet die Grüne Stadträtin Anja Fürstenberger: „Durch den Autoverkehr kommen jährlich ca. 70 Millionen Vögel ums Leben kommen , bei Windrädern, selbst mit veralteter technischer Ausrüstung, sind es ca. 100 000 Vögel. Schlimm für die Tiere ist außerdem auch der fortschreitende Klimawandel und die intensive und ungebremste Landnutzung, welche die erfolgreiche Aufzucht von Jungtieren extrem erschweren“
Jens Töniges, Waldspezialist der Fraktion, holt weiter aus: „Im Sinsheimer Wald ist Windkraft derzeit politisch kein Thema, weil es etliche Standorte entlang der A6 gibt, die vollkommen zu Recht bevorzugt behandelt werden. Standorte in kommunalen Waldflächen könnten allerdings grundsätzlich meist sehr viel schneller und einfacher verwirklicht werden, weil es hier nicht unzählige Flächenbesitzer gibt. Zudem liegen diese in der Regel im Kraichgau weit von den Siedlungen weg und auf den Höhenzügen, wo am meisten Wind weht. Das ist, neben den Pacht-Einnahmen für die Bürgerinnen und Bürger der jeweiligen Kommune, der Grund für den häufigen Fokus auf Waldstandorte in vielen Gemeinden in Baden-Württemberg. Die negativen Auswirkungen des Klimawandels kann man bereits heute im Sinsheimer Wald gut beobachten. Frei gewordene Flächen durch das Absterben des Waldes entstehen leider auch in unserem Wald. Solche Flächen wiederum könnten unserer Meinung nach potenziell für Windkraftanlagen in Frage kommen, deswegen lehnen wir Standorte im Wald nicht kategorisch ab.“
Der Stadtrat erläutert: „Die Flächennutzung einer Windkraftanlage mit 0,8 ha (inkl. Verbreiterung der Wege, Sockelfläche und Kran-Aufstellfläche)ist relativ überschaubar. Diese Fläche muss laut Bundesnaturschutzgesetz zu 100% ausgeglichen werden. Der Waldflächenverlust der letzten fünf Jahre in Deutschland beträgt etwa 490.000 ha, Tendenz steigend, hauptsächlich verursacht durch Trockenheit und Schädlingsbefall. Der Waldverlust in unserem Sinsheimer Wald folgt leider mit 30-40 ha in den letzten fünf Jahren diesem traurigen Trend. Dieser katastrophale Verlust ist um ein Vielfaches höher als der Flächenverbrauch durch Windkraftanlagen im Wald, welche wir benötigen werden, um die Ausbauziele zu erlangen.
Töniges, der seit Jahren im Regenwaldschutz in Ecuador aktiv ist, appelliert: „Wenn wir alle wirklich unseren Sinsheimer Wald und auch andere Wälder weltweit schützen wollen, müssen wir alles Menschenmögliche dazu beitragen, um den Klimawandel zu verlangsamen. Vor allem sollten wir auch unser Konsumverhalten verändern, welches anderswo massiv hier und heute Wälder in anderen Ländern für immer zerstört. Nur ein paar Stichworte dazu sind Wegwerfmöbel, Energienutzung, Verpackungen, Fleischkonsum, Creme, Schokolade, Energienutzung und Gold-Investitionen. Der oft genutzte Slogan „Industrie hat im Wald nichts verloren“ passt angesichts von Palmölplantagen oder ähnliches auf jeden Fall besser. Auch diese Wälder sind oder waren Teil einer Heimat von Menschen“
Über viele weitere Themen bezüglich Windkraft konnte man sich beim Bürgertalk informieren, und bei etlichen Menschen konnten laut Veranstalter durch Fakten verschiedene Bedenken ausgeräumt werden. Besucher, die grundsätzlich den menschengemachten Klimawandel hartnäckig für eine Erfindung böser Mächte halten, gab es allerdings auch.
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