Klimaschutz gehört für uns Grüne bekanntermaßen zum wichtigsten Thema unserer Zeit. Deshalb möchten wir gerne etwas ausführlicher Stellung nehmen:
Das weiterführende Klimaschutzkonzept des Kreises, und damit auch diese Kooperationsvereinbarung, sind das Ergebnis eines mehr als einjährigen Prozesses. Auch die Bevölkerung hat sich an diesem Prozess so intensiv beteiligt, wie noch bei keinem Thema zuvor, obwohl der Zugang nicht ganz einfach war, gab es Kommentare, Ideen und Likes von fast 6000 Menschen. Dies zeigt, wie intensiv das Thema in der Bevölkerung wahrgenommen wird wie wichtig es dort genommen wird. Besonders den jungen Menschen, die Angst um ihre Zukunft haben, sind wir es schuldig, alles Machbare zur CO₂-Reduzierung in die Wege zu leiten.
Dazu bietet diese Kooperationsvereinbarung eigentlich sehr gute Voraussetzungen. Leider wird aber bereits bei der Präambel alles relativiert. Es wird herausgestellt, dass die Umsetzung von jeder Kommune nach ihren finanziellen und personellen Voraussetzungen individuell gestaltet werden kann. Die Maßnahmen sollen erst umgesetzt werden, wenn es finanzielle Spielräume gibt.
Das bedeutet aber nicht mehr und nicht weniger, als dass es weitergeht wie bisher. Weiterhin wird jede Kommune ihre Prioritäten selbst setzen können, Kooperationsvereinbarung hin oder her.
Auch bei der letzten Kooperationsvereinbarung mit dem Kreis, 2013, war das schon so. Ein Ergebnis der schwammigen Formulierungen ist z.B., dass wir bis heute nicht das damals vereinbarte Klimaschutzkonzept erarbeitet haben.
Aber: ein Konzept in der Schublade ist auch nicht zwingend echter Klimaschutz, und dass wir keines haben heißt zum Glück nicht, dass wir völlig bei null stehen, in einigen Bereichen ist unsere Stadt auf einem guten Weg. Es sind viele Gebäude am Fernwärmenetz angeschlossen und es gibt bereits diverse installierten Solaranlagen auf kommunalen Dächern, auch die tollen naturnahen Blumenbeete sind ein Stück Klimaschutz. Hierbei wäre eine klare Kommunikation unseres Einsatzes für den Klimaschutz gut. Es muss dringend auf der Homepage veröffentlicht werden, wo wir stehen, was wir bereits tun, wo noch Luft nach oben ist. Frau Fürstenberger fordert das zu Recht seit mehr als zwei Jahren ein. So ein offener Umgang würde uns allen helfen, ein klares Bild unserer Bemühungen zu bekommen.
Die Einstellung unserer Klimaschutzmanagerin Freu Kalla ist ein sehr wichtiger Schritt. Obwohl wir ja leider keine Stabsstelle dafür geschaffen haben, hoffen wir sehr, dass bald die gesamte Verwaltung von der Wichtigkeit der Stelle überzeugt ist, und alle Ämter ständig und selbstverständlich auf ihre Expertise zurückgreifen. Dann kann auch alles, also Ausschreibungen, Baumaßnahmen und auch alle anderen Maßnahmen, auf die Auswirkungen aufs Klima geprüft werden, dies muss in die Gemeinderats-Vorlagen aufgenommen werden.
Frau Kalla wird Struktur in unsere Klimaschutzaktivitäten bringen können und übergreifend neue einbringen. Sie kann sich auf die Suche nach sämtlichen verfügbaren Fördertöpfen machen. Sie wird uns sagen können, welches die effektivsten Maßnahmen sind. Zu denen gehört sicherlich die im Kooperationsvertrag vorgeschlagene „Erstellung eines Plans zum kommunalen Energiemanagement“, einfach gesagt, die Suche danach, wo wir Energiesparen können, gefördert mit rund 75 % der Kosten. Einsparungen zählen zu den wichtigsten Maßnahmen des Klimaschutzes, wir können damit 10-20 % Energie, und damit Geld, sparen.
Zu einem guten kommunalen Energiemanagement gehört aber auch, dass wir unsere vermieteten städtischen Gebäude bei der energetischen Sanierung nicht vernachlässigen. Wie sollen wir sonst vermitteln, dass sich solche Investitionen amortisieren, und selbstverständlich sein sollten? Unsere Vorbildfunktion ist unübersehbar. Deshalb werden wir dort um Investitionen, die wir zunächst woanders einsparen müssen, nicht herumkommen.
Wichtig für unsere klamme Gemeinde bleibt die Frage, was wir mit wenig zusätzlichem finanziellem Einsatz tun können.
1. Klare Prioritäten setzen: ob wir für 1,5 Mio. einen neuen Kreisel bauen oder das Geld lieber in ein gefördertes, mit Naturmaterialien ausgeführtes Passivhausgebäude stecken, das entscheiden wir selbst. Selbst der Minikreisel vor dem Parkhaus hat fast 800000 € gekostet. Stellt euch doch nur mal vor, wie viel wir damit für den Radverkehr hätten tun können. Stattdessen wurde leider der Radwege-Lückenschluss Richtung Weiler, Kosten 25000 €, als zu teuer abgelehnt… Für den Klimaschutz ist es aber enorm wichtig, ob wir dem Ausbau des Radwegenetzes den Vorzug geben, oder teuren Planungen für eine Nordanbindung.
2. Alles für den Ausbau von Windkraft und PV-Anlagen tun: Experten sind sich einig, dass wir in den nächsten Jahren wieder die besten Voraussetzungen für einen Aufschwung unserer Wirtschaft haben. Der größte Hemmschuh, so sagen sie, ist allerdings die Abhängigkeit der Industrie vom derzeit besonders kritischen Öl- und Gasmarkt. Wir sind angewiesen auf die Lieferungen aus undemokratischen Staaten und dadurch erpressbar. Und unser Geld fließt in
Milliarden aus dem Land!
Deshalb sollten wir alles dafür tun, dass in den nächsten Jahren hier bei uns viele Fotovoltaikanlagen, und, ja, auch Windkraftanlagen errichtet werden. Sinsheim hat tatsächlich einige im Energieatlas BW als für Windenergie gut geeignet ausgewiesene Flächen.
Wir können wohl davon ausgehen, dass diese Anlagen, sowohl Wind-als auch PV-anlagen, sowieso entstehen werden, ohne sie ist eine echte Energiewende unmöglich. Für unsere Gemeinde entsteht dabei auf jeden Fall eine nicht unerhebliche Wertschöpfung durch
- Steuern für die Gemeinden
- Aufträge für Handwerker und Baufirmen
- Neue Jobs durch Wartungsaufträge
An unseren Aktivitäten wird es liegen, ob unsere Gemeinde, unsere Bevölkerung, noch viel mehr davon profitieren kann. Wir können nach geeigneten gemeindeeigenen Flächen suchen und diese aktiv unserer Bürgerenergiegenossenschaft anbieten zur Entwicklung. Dann werden wir und unsere Bürgerinnen und Bürger, direkt beteiligt sein an den Einnahmen, das steigert auch die Akzeptanz ganz erheblich. Wir könnten zudem den erzeugten Strom mit entsprechenden Verträgen günstig beziehen.
Bei den Bürgerenergie-PV-Anlagen auf kommunalen Dächern, z.B. haben wir jetzt schon erhebliche Einsparungen beim Strom, ab Mitte des Jahres kostet uns der dort erzeugte Strom nur noch 14,5 Cent. Und die Pachteinnahmen für Flächen für die Energieerzeugung steigen gerade in erstaunliche Höhen, bei Eberbach am Hebert werden über 280000 € im Jahr pro Windanlage zugesichert. Das ist jetzt zwar auch ein besonders hoher Preis, aber rund 100000 € pro Windanlage sind auch anderswo üblich. Also lasst uns nicht warten, bis ein großer Investor die Sache zu unseren Ungunsten in die Hand nimmt, sondern lasst uns das ganz tatkräftig mitgestalten.
3. Die Bürgerschaft intensiv beteiligen. Es gibt zahlreiche Beispiele für gelungene Mitwirkung im Bereich des Klimaschutzes. Schon einmal ist es in Sinsheim vor etlichen Jahren gelungen, bei der Zukunftskonferenz viele Menschen zu beteiligen und zu aktivieren. Zahlreiche Agenda-Gruppen sind daraus entstanden, teilweise bis heute aktiv. Und viele Bereicherungen für unsere Stadt sind daraus hervorgegangen, Bespiele sind das Jugendhaus oder die Tafel.
Manches wird die Politik vorgeben müssen. Aber damit alleine werden die Klimaziele auf Dauer nicht durchzusetzen sein. Gefragt ist vielmehr die Beteiligung der Menschen auf allen Ebenen, in allen Handlungsfeldern und in allen Bevölkerungsgruppen. Nur wer gefragt wird und beteiligt ist, übernimmt auch Verantwortung.
Und hier liegt eine unserer wichtigsten Aufgaben! Dafür ist nur wenig Geld erforderlich. Unabdingbar ist aber unser kommunales Engagement. Wir müssen werben dafür, dass Klimaschutz nicht Verzicht auf liebgewonnene Verhaltensweisen bedeutet, sondern die Lebensqualität steigert!
Das ist übrigens auch der Schluss einer neuen Studie, die riesige Mengen an Fachliteratur zu dem Thema durchforstet hat. In fast 80 Prozent aller Fälle würde sich Klimaschutz unmittelbar positiv auswirken – auf Luftqualität, Gesundheit und auf den Geldbeutel!
Grundsätzlich einig sind wir uns ja mittlerweile bei der Notwendigkeit, die Pariser Klimaschutzziele einzuhalten. Da schockiert es uns schon, wenn hier geunkt wird „bis 2040 klimaneutrale Verwaltung, wer glaubt denn daran, dass das zu schaffen ist…“ Unsere Verwaltung macht nur ca. 1 % der Sinsheimer Emissionen aus. Wenn wir nicht einmal das schaffen würden, wäre es mehr als traurig. Wir müssen und wir können das schaffen, wenn wir es wollen! Es wäre schön, wenn es uns gelingen würde engagiert vorangehen und eine Aufbruchsstimmung erzeugen, die sich auf die Bevölkerung überträgt und allen Menschen Mut macht für die Zukunft und Lust auf Klimaschutz!
Bleibt noch: wir stimmen der Kooperationsvereinbarung zu, obwohl sie uns viel zu vage ausgefallen ist. Ausdrücklich tun wir das aber in der Hoffnung und Erwartung, dass alle dort gefassten Maßnahmen und Ziele die höchste Priorität bekommen. Papier ist geduldig. Das Klima und die Bevölkerung sind es nicht, und das zu Recht, denn uns rennt die Zeit davon.
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