Regionalplan – Kommentar von Anja Fürstenberger

Überall redet man von der Klimakrise, von Versiegelung, von dramatischen Hochwasser- und Starkregen-Ereignissen, vom Artensterben. Man findet es erschreckend. Und man wünscht sich, dass der Keller nicht voll Wasser läuft, dass es noch genug Bienen gibt, die den Kirschbaum im Garten bestäuben und so weiter. Aber wann folgt auf das Reden und Wünschen auch ein konkretes Handeln? Und zwar eins, das über das Klein-klein hinausgeht? Wann macht man sich endlich „ehrlich“ und gesteht sich ein, dass es so nicht weitergehen kann und es wirklich große Veränderungen braucht? Und wann schlägt sich dieses Umdenken auch bei großen Themen im Kommunalen Handeln nieder? Wann findet im Gehirn eine Verknüpfung dieser beiden Themenkomplexe statt?

Wie??? Was hat denn das alles mit der Fortschreibung des Regionalplans zu tun?

Ja, es hat definitiv viel damit zu tun. Die Kommunen sind diejenigen, die letzten Endes über den meisten Flächenverbrauch entscheiden. Und somit auch einen großen Anteil daran haben, wie nachhaltig wir zukünftig mit Fläche umgehen. D.h. die Kommunen sind die, die es in der Hand haben.

Einige unserer Gemeinderats-Kolleg*innen sehen es so: „Wir vergeben uns doch jetzt nichts, wenn wir die Flächen einfach in den Regionalplan aufnehmen lassen … es ist ja noch nichts passiert.“Aber mit dieser Aussage drückt man sich schlicht vor der Verantwortung, sich jetzt kritisch und vor allem nachhaltig mit dem Thema „Flächenverbrauch“ auseinanderzusetzen. Der Regionalplan soll einen Planungszeitraum von 15-20 Jahren abbilden. Das Thema „Flächenverbrauch“ ist aber in ein paar Jahren nicht verschwunden. Dieses Thema wird überhaupt nicht mehr verschwinden! Und deshalb brauchen wir jetzt ein Umdenken und müssen jetzt neue Wege diskutieren.

Unser Baden-Württembergischer Koalitionsvertrag macht zumindest Hoffnung!

Hierin heißt es „Unser Boden ist ein begrenztes Gut. Wir werden den anhaltend hohen Flächenverbrauch reduzieren. Unser Ziel ist die Netto-Null beim Flächenverbrauch. Die Sicherung von landwirtschaftlichen Flächen, notwendigen Grünflächen in Ballungsgebieten und Naturschutzflächen ist uns wichtig…“

Und es wird ein erfreulich ambitioniertes Ziel genannt: „Max. 2,5 Hektar pro Tag; bis 2035 Netto-Null…“

Wer den Koalitionsvertrag mitunterschrieben hat, brauche ich nicht zu erwähnen. Nur so viel: Hut ab vor der Landes-CDU, die hier schon so weitsichtig agieren! Davon können sich so manche in Kreis und Kommune eine ganze Scheibe abschneiden! Übrigens es steht noch viel mehr Vernünftiges zum Thema „Flächensparen“ im Koalitionsvertrag. Wer mal schauen mag, findet hier ab Seite 137 alle Vereinbarungen.

Und noch eine Zahl, die ich nennen muss, weil sie einfach so unvorstellbar ist: Deutschland verbraucht aktuell 52 ha. Und das täglich! Das sind so viel wie 73 Fußballfelder. Ist das nicht erschreckend, wenn man das linear weiterdenkt? Unsere Metropolregion liegt hier sogar noch über dem bundesweiten Durchschnitt.

Es heißt immer „Flächenverbrauch“. Aber letztlich ist es eine Umnutzung. Und zwar fast ausschließlich zu Lasten der Landwirtschaftsfläche. Die Bauern ächzen unter dem Korsett, dass sie immer mehr Fläche brauchen, um überleben zu können. Gleichzeitig brauchen unsere Tiere aber dringend mehr Platz und wir brauchen mehr Flächen, die extensiv bewirtschaftet werden … also weniger Ertrag bringen. Ein Dilemma! Deshalb ist es jetzt an der Zeit, damit aufzuhören, der Landwirtschaft die Flächen zu klauen.

2002 wurde vom Bund erstmals eine Nachhaltigkeitsstrategie beschlossen. Darin gab es das Ziel, ab 2020 täglich unter 30 ha pro Tag zu verbrauchen.

Es hieß so schön: „Die Nachhaltigkeitsstrategie wurde in regelmäßigen Abständen fortgeschrieben.“

Mit anderen Worten: 2016 wurde das 30-ha-Ziel einfach gekippt und mal kurzerhand auf 10 Jahre später festgelegt. Ich finde, wir sollten als große Kreisstadt so selbstbewusst sein, dass wir uns jetzt schon eine Meinung bilden, wohin wir Sinsheim steuern möchten. Und nicht erst wenn es ganz konkret wird. Wollen wir wirklich flächenmäßig noch weiter wachsen, wachsen, wachsen? Oder wollen wir uns unsere eigene Nachhaltigkeitsstrategie suchen? Ich finde, das wäre wünschenswert und zukunftsorientiert!

Übrigens, wen das Thema weitergehend interessiert, dem kann ich 2 Publikationen des Umweltbundesamtes ans Herz legen:

Instrumente zur Reduzierung der Flächeninanspruchnahme

Regional konsolidierte Gewerbeflächenentwicklung

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