„Bildung ist nicht das Befüllen von Fässern, sondern das Entzünden von Flammen“.
Dieser Leitspruch zog sich als roter Faden durch die Präsentation zum Thema Gemeinschaftsschule (GMS) im Nebenraum der Stadthalle Sinsheim. Der Sinsheimer Ortsverband von Bündnis 90/ Die Grünen hatte zu dieser Veranstaltung eingeladen. Das Podium war paritätisch mit Fachleuten aus Politik und Praxis besetzt.
Nach einer kurzen Begrüßung durch den Ortsverband übernahm die Bundestagskandidatin des Wahlkreises Rhein-Neckar, Dr. Edith Wolber, als Moderatorin die Einführung. Sie erläuterte, warum Gemeinschaftsschulen die richtige Antwort auf die bestehenden gesellschaftlichen Bedingungen sind. „Diejenigen die am dreigliedrigen Schulsystem festhalten haben vermutlich nicht im Blick, dass in Baden Württemberg derzeit knapp 6 % aller Jugendlichen die Schule ohne Abschluss verlassen.“ so Wolber. „Außerdem sind Schulen nicht nur Lieferanten für den Arbeitsmarkt, sondern Schulen sind vor allem auch Lernorte an denen Toleranz, soziales Miteinander und Verantwortung für sich und andere gelernt werden kann. Alles Eigenschaften, die eine stabile Demokratie garantieren.“
Ein kurzer Film vermittelte einen ersten Eindruck der GMS in Külsheim, bevor die Podiumsgäste das Wort hatten. Landtagsabgeordnete Charlotte Schneidewind-Hartnagel sprach über die regionale Situation in ihrem Wahlkreis Sinsheim. Hier ist bisher Bammental die einzige Gemeinschaftsschule. „ Im kommenden Schuljahr können dort aus räumlichen Gründen nur zwei Klassen gebildet werden, so dass längst nicht alle angemeldeten Schüler aufgenommen werden konnten“, berichtete Schneidewind-Hartnagel. Weitere Schulen sollen folgen, Meckesheim wolle im Schuljahr 2014/15 Gemeinschaftsschule werden.
Sandra Boser, bildungspolitische Sprecherin der Landtagsfraktion, stellte die Notwendigkeit von regionalen Schulentwicklungsplänen heraus. Über die Jahre müsse ein 2-Säulen-Modell entwickelt werden, um auch Kinder aus ländlichem Raum weiterhin einen wohnortnahen Schulstandort bieten zu können. „In Baden-Württemberg gibt es bereits jetzt 300 Schulen mit Anmeldezahlen unter 16 Schülern“ erläuterte Boser. Außerdem berichtete sie, dass ein Akademikerkind eine sechs Mal höhere Chance hätte die Hochschulreife zu erlangen, als ein Kind aus „bildungsferneren“ Schichten.
Die Praxis-Fachleute der Pater-Alois-Grimm-Schule in Külsheim stellten dann das Konzept einer Gemeinschaftsschule am Beispiel ihres „Haus des Lernens“ vor. Rektor Joachim Uihlein versicherte: „Dass Lehrer zu Lernbegleitern und Schüler zu Lernpartnern werden sind keineswegs leere Worthülsen, sondern das wird in unserer Schule so gelebt.“ Konrektorin Anja Boccagno stellte Einzelheiten des Konzeptes vor: Nach einem Interesse weckenden Input durch den Lernbegleiter arbeiten die Schüler selbstständig an ihren Lernpaketen. Dies kann im Lernatelier, in dem Stille oder maximal Flüstersprache Pflicht ist, aber auch in den über das Schulhaus verteilten Lerninseln geschehen. Sie führen Lerntagebücher und werden durch Coaching und regelmäßiges Feedback unterstützt. In Külsheim werden besondere Leistungen wie z.B. respektvoller Umgang miteinander oder sauberes, zügiges Arbeiten mit Punkten belohnt. Ein gutes Punktekonto eröffnet besondere Freiheiten. Innerhalb eines bestimmten Zeitrahmens kann jedes Kind selbst entscheiden, wann und auf welchem Niveau es seine Lernkontrollen (Tests) schreiben möchte.
In der anschließenden Fragerunde bestand besonders zum konkreten Schulalltag ein großer Klärungsbedarf. Unzureichende Leistungen seitens der Schüler und zu große Arbeitsbelastung der Lehrerschaft gehörten zu den vorgetragenen Befürchtungen. Die Schulleiter stellten ihre Erfahrungen dar, konnten aber nicht alle Zweifel bei den Zuhörern ausräumen. Deshalb wurde mit einigen Interessierten vereinbart, dass sie sich auf den Weg nach Külsheim machen werden, um sich bei einem Gruppenbesuch den Alltag des Schullebens an einer Gemeinschaftsschule anzusehen.
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