Einem hiesigen Metzger über die Schulter geschaut

Man kann geteilter Meinung sein, ob das Tier nun zum Speiseplan des Menschen gehören sollte oder nicht. Fakt ist aber: Alle, die entschieden haben, Fleisch und Wurst zu essen, sollten ganz genau hinschauen, wo und was sie einkaufen.

Aber auf was achtet man? Was sind die Kriterien? Genau das war der Grund, weshalb wir vom Grünen Ortsverband einfach mal hinter die Kulissen schauen wollten. Quasi einem Metzger in die Wurstküche, aber auch in die Augen schauen und Fragen stellen können.

Diesen Wunsch hat uns Erwin Hess von der Metzgerei Hess in Hoffenheim erfüllt. Er ist einer der wenigen Metzger im Sinsheimer Stadtgebiet, die noch selbst in ihren Räumlichkeiten schlachten. In einer mehr als 2stündigen Führung hat er uns alle Stationen seiner Metzgerei erklärt, geduldig Fragen beantwortet.

Wir wollten wissen: Was ist denn nun der Unterschied zum Massenprodukt aus dem Supermarkt und dem Handwerksprodukt aus der Metzgerei um die Ecke? Natürlich kann Herr Hess nur für seinen eigenen „Laden“ sprechen, aber das war voller Überzeugung.

Kurze Wege und gute Partnerschaft: 

Die Landwirte, die die Metzgerei mit Tieren beliefern, sind in der unmittelbaren Nachbarschaft. Sie sind seit vielen Jahren Vertragspartner und die Landwirte bekommen einen zugesicherten fairen Preis. So rechnen sich hier noch die kleinbäuerlichen Strukturen. Sie selbst liefern die Schlachttiere in nur wenigen Minuten bei der Metzgerei ab. Den Vergleich zu Industriellen Großmästern, die die Tiere in stundenlangen Tiertransport-Fahrten zu den Schlachthöfen fahren, braucht man – glaube ich – nicht näher erläutern.

Haltungsbedingungen der Tiere:

Alle Landwirte, mit denen die Metzgerei Hess zusammenarbeitet, hält die Tiere nach Neuland-Kriterien. Dies ist u.a. eine Haltung auf Stroh und Auslauf ins Freie, nur regionale Futtermittel, keine präventiven Antibiotika und vieles mehr. Besonders die allseits diskutierte Ferkel-Kastration möchte ich nochmal hervorheben. Diese wird bei Neuland nämlich in Betäubung vorgenommen. Geht doch!

Zeit und Sorgfalt bei der Betäubungs-Methode vor dem Schlachten: 

In der Metzgerei Hess wird bei den Schweinen die Elektrobetäubung angewendet. Hierbei fließt gleichzeitig durch 3 Verbindungspunkte Strom durch das Tier, das die Betäubung innerhalb von Zehntel-Sekunden auslöst.
Der Unterschied zu großen Schlachthöfen wie Tönnies: Diese wenden die sogenannte CO2-Betäubung in Gasgruben an. Das spart Zeit und ist massentauglich. Aber für die Tiere heißt das, sie ersticken, obwohl oft das Märchen von friedlich einschlafenden Schweinen verbreitet wird.

Kontrolle des Fleisches: 

Ein unabhängiger Tierarzt aus der Region macht Fleischbeschau bei jedem einzelnen Tier. In großen Schlachthöfen gibt es oft Tierärzte, die direkt beim Schlachthof angestellt sind. Ein Schelm, der Böses dabei denkt.

Verarbeitung und Qualität der Produkte: 

Beim Hess gibt es KEINE „Rosinen-Pickerei …und der Rest geht nach China“. Hier werden nur ganze Tiere verwertet.
Es gibt nur einen minimalen Zukauf an Produkten (z.B. den Schwarzwälder Schinken), der Rest ist alles aus Eigenproduktion.
Die ganzen Gewürze sind fast ausschließlich in Bio-Qualität. Das Steinsalz kommt aus Berchtesgaden. Geschmacksverstärker gibt es nicht.
Fleisch, Schinken und Salami bekommen die Zeit zum natürlichen Reifen. Der leckere Nuss-Schinken braucht z.B. 6 Monate, bis er zum Vespern freigegeben wird 😊

Deshalb:
JA! Verbraucherinnen und Verbraucher haben in ihrer Kaufentscheidung eine Lenkungswirkung.
Nutzt diese im GRÜNEN Sinne!
Und auch wenn der „Veggie-Day“ mittlerweile ein Reizthema ist… ich persönlich finde ihn absolut sinnvoll. Und nicht nur einen. Denn dann kann man Fleisch und Wurst nach der Devise einkaufen: Lieber weniger und dafür „Was Gscheit’s“.

Anja Fürstenberger
für den Ortsverband Bündnis 90/Die Grünen

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