Öffnung für jüdische und muslimische Bestattungsriten
Der Landtag hat aktuell über eine interfraktionelle Gesetzesinitiative zur Novellierung des Bestattungsgesetzes beraten. Nach einer mündlichen Anhörung im Oktober 2012 hatten sich alle vier Landtagsfraktionen darüber geeinigt, dass das Bestattungsgesetz in Baden-Württemberg dahingehend geändert wird, dass auch jüdische und muslimische Bestattungsriten möglich sind.
„Die Novellierung des Gesetzes wird dafür sorgen, dass Menschen, die lange Zeit hier gelebt haben, sich auch hier bestatten lassen können“, zeigt sich die Stellvertretende Fraktionsvorsitzende von Bündnis 90/Die Grünen, Charlotte Schneidewind-Hartnagel von dem Entwurf überzeugt.
Bislang gab es keine befriedigende Lösung vor allem für muslimische und jüdische Verstorbene. Muslime leben zum Teil bereits in der dritten und vierten Generation in Baden-Württemberg. Die Mehrheit stammt aus der Türkei. Viele haben teure Versicherungen abgeschlossen, die gewährleisten, dass sie nach ihrem Tod ausgeflogen werden um in der Türkei gemäß ihrer religiösen Riten bestattet zu werden. „Das mag für die erste Generation noch eine akzeptable Lösung gewesen sein, aber für die Muslime, die hier geboren sind, ist es keine annehmbare Lösung mehr. Sie möchten gerne da bestattet werden, wo sie gelebt haben“, meint Schneidewind-Hartnagel. Der Gesetzentwurf sieht im Wesentlichen folgende Neuerungen vor: Die 48-Stunden-Wartefrist soll gestrichen werden, so dass die Bestattung nach Abschluss der ärztlichen Leichenschau möglich ist. Des Weiteren soll die Sargpflicht für Erdbestattungen aufgehoben werden, so dass zukünftig Bestattungen im Leintuch möglich sind. Kommunen und eingetragene Religionsgemeinschaften sollen künftig auch alte Rathäuser oder Kirchengebäude zu Urnenstätten, also Kolumbarien, ausweisen können. Die Kommunen sollen aufgerufen werden, vor Ort die Voraussetzungen für die Durchführung religiöser Riten, wie zum Beispiel rituelle Waschungen zu schaffen.
„Richtungsweisend sollte der Wille der Verstorbenen sein. Mit dem vorliegenden Gesetzentwurf wollen wir durch das Landesrecht eine interreligiöse Öffnung vor Ort ermöglichen. Wir greifen nicht in die kommunale Selbstverwaltung ein.“, betont die Abgeordnete.
„Es geht auch um Anerkennung. Riten sind wichtig für die Menschen. Wenn Muslime und Juden sich hier nach ihren Riten bestatten lassen können, erhöht dies auch ihre Identifikation mit diesem Land, ihre Beheimatung. Insofern ist dieser Gesetzentwurf ein Schritt, mit dem wir der gesellschaftlichen Realität, den Bedürfnissen der Menschen hier, endlich entsprechen“, so Schneidewind-Hartnagel weiter.
Zahlen: Etwa ein Drittel der Menschen in Baden-Württemberg sind katholisch, etwa ein Drittel protestantisch, knapp ein Drittel gehört weiteren Religionen an, bzw. ist konfessionslos. Die Zahl der Muslime in Baden-Württemberg wird auf ca. 600.000, die Zahl der Menschen jüdischen Glaubens wird auf ca. 9.000 geschätzt.
PM vom 29.01.2014
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