Zur Begrüßung wurden bei der Veranstaltung zum Thema „Zusammenleben“ in Meckesheim die 19 Grundrechte verteilt.
„Die Debatte über Leitkultur, von der Union und besonders von Innenmister de Maziere befeuert, dient mehr der Ausgrenzung als dem gesellschaftlichen Miteinander. Anders das Grundgesetz: Darin sind die Grundlagen zusammengefasst, auf denen unser Zusammenleben beruht. Es basiert auf der allgemeinen Erklärung der Menschenrechte und bildet die Basis für unsere freie, demokratische, soziale und pluralistische Gesellschaft, die es zu schützen und weiter zu entwickeln gilt.“ So begrüßte Memet Kilic, der grüne Bundestagskandidat im Wahlkreis Rhein-Neckar die zahlreichen interessierten Zuhörer, die auf Einladung des grünen Kreisverbandes gekommen waren.
Mit kritischen Worten sparte er an diesem Abend nicht. Das Ideal einer demokratischen, offenen und multikulturellen Gesellschaft werde längst nicht mehr von allen geteilt. „Islamisten und Rassisten schaukeln sich gegenseitig hoch. Sie gefährden unsere solidarische und pluralistische Gesellschaft und sie gefährden die Demokratie“.
Rechtspopulistische Parteien und Bewegungen seien auf dem Vormarsch und versuchten das Vertrauen der Bürger in die Politik und die Politikerinnen zu untergraben. „Spätestens seit der Wahl in den USA ist unübersehbar, dass der Populismus nicht nur eine Gefahr für Rechtstaatlichkeit und Demokratie sein kann, sondern auch für den Weltfrieden“, beschrieb Kilic die derzeitige Lage.
Umso mehr sieht er alle gefordert: „Die demokratische Mitte unserer Gesellschaft sollte auch auf der Straße unübersehbar und unüberhörbar sein. Wir müssen Islamisten und Rassisten entschiedener entgegentreten, wir brauchen breitere Meinungsfronten gegen die Engstirnigkeit.“
Die Erscheinungsformen der „Neuen Rechten“ sind vielfältig. Ein weniger bekanntes Beispiel beschrieb Dr. Edith Wolber. Sie machte auf die sog. „germanische neue Medizin“ aufmerksam, die auch in der hiesigen Region zunehmend Anhänger finde. Der selbstgewählte Name bringe die politische Haltung des Begründers Ryke Geerd Hamer zum Ausdruck. Diese scheinbar naturheilkundliche Richtung beinhalte kein altes medizinisches Wissen, wie viele erwarteten. Stattdessen machten Aussagen des selbst ernannten Heilers, dem seine Anerkennung als Arzt entzogen wurde, seine antisemitische Grundhaltung sichtbar.
Bei der anschließenden Diskussion wurde von einem Zuhörer der Begriff „islamistischer Terror“ kritisiert. Kilic vertrat die Ansicht, dass Islamismus die richtige Beschreibung sei, da die Islamisten die Religion für politische Machtinteressen missbrauchten und instrumentalisierten. Dies sei jedoch nicht gleichzusetzen mit dem Islam.
Dabei sparte er aber nicht mit Kritik an islamischen Verbänden. Diese müssten den menschenverachtenden Auswüchsen im Namen der Religion noch entschlossener entgegen treten.
Zur Diskussion kam auch die Frage, wie wir unsere pluralistische Gesellschaft stärken können, um der Vereinnahmung durch autoritäre Kräfte zu widerstehen. Memet Kilic benannte dazu für die Integration wichtige Aspekte: Das Erlernen der deutschen Sprache einerseits, wirtschaftliche Teilhabe und Chancengerechtigkeit bei der Bildung andererseits. Dazu stellte er die Forderung nach Teilhabe an der politischen Kultur und der Verfassungskultur unseres Landes als Muss.
Kilic, der selbst aus der Türkei stammt und seit über 20 Jahren in Deutschland lebt, zeigte seine große Enttäuschung und Besorgnis über die Unterstützung des türkischen Präsidenten Erdogan bei vielen in Deutschland lebenden Türken. Seit vielen Jahren ist er selbst ein vehementer Kritiker Erdogans.
Die freiheitliche Demokratie müsse wohl auch denen noch näher gebracht werden, die schon lange von ihr profitieren, betonte Kilic. Eine wehrhafte Demokratie müsse Respekt für ihre verfassungsmäßigen Grundwerte und die Einhaltung der universellen Menschenrechte von allen Bürgerinnen und Bürgern einfordern. „Wir müssen deutlich machen, dass wir solidarisch mit Menschen sind, die in Not und auf der Suche nach einem menschenwürdigen Leben zu uns kommen. Und ebenso dass wir die Glaubensfreiheit, die auch die Freiheit des Nicht-Glaubens beinhaltet, verteidigen. Und noch deutlicher, dass wir den Feinden der Demokratie und der universell gültigen Menschenrechte keinen Freiraum geben, gleichgültig aus welcher Richtung sie kommen.“
Bild: Kilic
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